Wie wirkt sich Trauer auf unseren Körper aus und was können wir für ihn tun?

Nov. 2, 2024

Hierzulande gilt es als Tradition oder Brauch, am 2. November die Gräber der verstorbenen Menschen und/oder der Tiere zu besuchen. Während viele Menschen dies aus religiöser Überzeugung tun oder um Trost und Nähe zu finden, weil sie so einen Ort haben, an dem sie die verstorbene Person oder das Tier besuchen können, benötigen oder wollen dies andere Menschen nicht. Es gibt auch Menschen, die aus inneren Glaubenssätzen heraus handeln, wie beispielsweise „Das gehört sich ebenso“ oder „Was werden die Leute sagen, wenn ich nicht zum Grab fahre?“. 

Wieder andere Menschen haben sich eigene Rituale, abseits von Religion oder Brauchtum, überlegt oder finden beispielsweise Trost in der Natur oder in der Erinnerung an gemeinsame Momente mit der verstorbenen Person. Wichtig ist, dass jeder seinen eigenen Weg findet. Alles darf sein, nichts muss – zumindest meiner Meinung nach.

Trauer auf körperlicher Ebene

Unser Körper ist wie ein komplexes Puzzle aus vielen kleinen Teilen. Um dieses Puzzle besser zu verstehen, teilen wir es in 12 größere Teile ein, die wir Organsysteme nennen. Jedes Organsystem hat eine eigene Aufgabe und alle arbeiten zusammen, damit wir gesund bleiben. Die Auswirkungen von Stress und Trauer sind individuell sehr unterschiedlich und hängen von verschiedenen Faktoren ab, wie z.B. der Dauer der Belastung, der individuellen Stressreaktion und vorhandenen Vorerkrankungen. Die Verbindung zwischen Psyche und Körper ist eng. 

Oftmals konzentrieren wir uns nur auf den emotionalen Schmerz und nicht den physischen. Es ist wichtig, sich sowohl um die seelischen als auch um die körperlichen Schmerzen zu kümmern. Trauer kann eine Vielzahl körperlicher Symptome hervorrufen, die oft überraschend und belastend sind. Es ist eine natürliche Reaktion auf den Verlust und wirkt sich auf vielfältige Weise auf unseren Körper aus. Einige der häufigsten körperlichen Auswirkungen von Trauer sind:

  • Schlafstörungen: Einschlafprobleme, häufiges Aufwachen oder Albträume sind weit verbreitet bei Trauernden.
  • Veränderungen des Appetits: Sowohl Appetitlosigkeit als auch Heißhunger können auftreten.
  • Verdauungsprobleme: Verstopfung oder Durchfall sind häufige Begleiter der Trauer.
  • Müdigkeit und Erschöpfung: Auch bei viel Ruhe kann ein Gefühl von Erschöpfung oder Antriebslosigkeit entstehen.
  • Schmerzen: Verschiedene Arten von Schmerzen, wie Kopfschmerzen, Rückenschmerzen oder Brustschmerzen, können auftreten.
  • Herz-Kreislauf-Probleme: Herzrasen, Atemnot oder ein Gefühl der Enge in der Brust können auftreten.
  • Immunschwäche: Trauernde sind anfälliger für Infekte.
  • Verspannungen und Muskelbeschwerden: Dauerhafte Anspannung kann zu Verspannungen und Schmerzen führen.
  • Konzentrationsschwierigkeiten: Trauer hinterlässt ihre Spuren im Gehirn. Viele Betroffene berichten von einer verminderten Aufmerksamkeitsspanne und Konzentrationsschwierigkeiten. Das Gefühl, ständig abgelenkt zu sein und sich an alltägliche Dinge nicht mehr erinnern zu können, ist weit verbreitet. Oft höre ich Aussagen wie: „Mein Kopf fühlt sich an, als ob ich Watte im Hirn habe“. Betroffene fühlen sich oft wie in einem Nebel und haben das Gefühl, nicht mehr klar denken zu können.

Wichtig! Auswirkungen von Trauer sind sehr individuell und können sehr unterschiedlich sein und nicht jeder oder jede Betroffene zeigt dieselben Symptome!

Warum reagiert mein Körper so?

Wenn wir trauern, durchläuft unser Körper eine Reihe von physiologischen Veränderungen. Stresshormone werden ausgeschüttet, die unser Immunsystem schwächen und den Körper in Alarmbereitschaft versetzen. Diese Reaktionen sind zwar normal, können aber auf Dauer belastend sein.

Die Verbindung zwischen Körper und Geist

Die körperlichen Symptome sind oft eine Folge der komplexen Wechselwirkungen zwischen unseren Emotionen, unserem Gehirn und unserem Körper.

Neurotransmitter: Trauer beeinflusst den Spiegel von Neurotransmittern wie Serotonin und Dopamin, die für unsere Stimmung und unser Wohlbefinden verantwortlich sind. Ein Ungleichgewicht dieser Botenstoffe kann zu körperlichen Symptomen wie Müdigkeit, Appetitlosigkeit oder Schlafstörungen führen.

Autonomes Nervensystem: Das autonome Nervensystem, das unsere unwillkürlichen Körperfunktionen steuert, gerät bei Trauer aus dem Gleichgewicht. Dies kann zu Herzrasen, Atembeschwerden oder Verdauungsproblemen führen.

Die Rolle von Stresshormonen

Cortisol: Neben Adrenalin wird auch Cortisol ausgeschüttet, das als Stresshormon bekannt ist. Chronisch erhöhte Cortisolspiegel können zu einer Vielzahl von gesundheitlichen Problemen führen, darunter Bluthochdruck, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und ein geschwächtes Immunsystem.

Entzündungsreaktionen: Stresshormone fördern Entzündungsreaktionen im Körper, die wiederum zu Schmerzen, Müdigkeit und weiteren Beschwerden beitragen können.

Individuelle Unterschiede

Veranlagung: Unsere genetische Veranlagung spielt eine Rolle bei der Intensität und Dauer unserer Trauerreaktionen.

Persönlichkeit: Menschen mit unterschiedlichen Persönlichkeitsmerkmalen können Trauer auf verschiedene Weise körperlich erfahren.

Was kann ich tun, um meinen Körper zu unterstützen?

Es ist wichtig, sich bewusst zu machen, dass diese körperlichen Symptome ein Teil der Trauer sind und dass sie mit der Zeit nachlassen. Indem Sie auf Ihren Körper achten, Ihre Gefühle zulassen und gegebenenfalls professionelle Hilfe in Anspruch nehmen, können Sie den Trauerprozess besser meistern.

Es gibt jedoch einige Dinge, die Sie tun können, um Ihren Körper zu unterstützen und sich besser zu fühlen:

Achten Sie auf Ihre körperliche Gesundheit

  • Ernährung: Achten Sie auf eine ausgewogene Ernährung mit viel Obst, Gemüse und Vollkornprodukten.
  • Bewegung: Regelmäßige Bewegung, auch wenn es nur ein Spaziergang ist, kann helfen, Stress abzubauen und die Stimmung zu verbessern.
  • Ausreichend Schlaf: Schaffen Sie sich eine entspannte Schlafumgebung und versuchen Sie, regelmäßige Schlafzeiten einzuhalten.
  • Medizinische Versorgung: Zögern Sie nicht, einen Arzt aufzusuchen, wenn Sie körperliche Beschwerden haben.

Kümmern Sie sich um Ihre mentale Gesundheit

  • Sprechen Sie über Ihre Gefühle: Teilen Sie Ihre Trauer mit vertrauten Personen oder suchen Sie professionelle Hilfe bei Lebens- und Sozialberater*innen oder eigens ausgebildete Trauerbegleiterinnen.
  • Entspannungstechniken: Probieren Sie Entspannungstechniken wie Yoga, Meditation oder Atemübungen aus.
  • Hobbies: Beschäftigen Sie sich mit Aktivitäten, die Ihnen Freude bereiten.
  • Was tut mir gut: Diese Frage ist eine der wichtigsten Fragen überhaupt - egal in welcher Krisensituation Sie sich gerade befinden. Wodurch schöpfen Sie Kraft? Was hat Ihnen in schwierigen Situationen in Ihrem Leben sonst noch geholfen?

Seien Sie geduldig mit sich selbst

  • Trauer braucht Zeit: Jeder Mensch trauert anders und in seinem eigenen Tempo. Es ist wichtig, geduldig mit sich selbst zu sein und sich nicht unter Druck zu setzen, schnell wieder "normal" zu sein. Es ist völlig normal, dass die Trauer in Wellen kommt und geht. Auch nach einer längeren Phase der Stabilität können wieder traurige Gefühle aufkommen.
  • Geben Sie sich Erlaubnis, traurig zu sein: Verdrängen Sie Ihre Gefühle nicht. Die Trauer ist ein Teil des Heilungsprozesses. Indem Sie Ihre Gefühle zulassen, schaffen Sie Raum für neue Hoffnung und Freude. Die Verdrängung von Trauer kann zu langfristigen psychischen Belastungen führen. Indem wir uns erlauben, traurig zu sein, geben wir uns die Möglichkeit, diesen Schmerz zu verarbeiten und zu heilen.
  • Tun Sie sich ganz viel Gutes in dieser Zeit: Wichtig sind auch Phasen der Pause und der Ablenkung um Kraft zu schöpfen für die nächste Welle. Freunde und Familie können wertvolle Begleiter sein.

Trauer und kulturelle Hintergründe

Die Art und Weise, wie Trauer ausgedrückt und bewältigt wird, ist sowohl kulturell als auch durch unsere Persönlichkeitsstruktur geprägt. Unterschiedliche Kulturen haben unterschiedliche Rituale und Traditionen, um mit Verlust umzugehen. Es ist wichtig, die eigenen kulturellen Wurzeln zu berücksichtigen und Rituale zu pflegen, die Trost und Halt geben. Es müssen aber nicht immer die traditionellen Rituale und Bräuche sein. Sie dürfen selbst entscheiden. Am besten sprechen Sie gemeinsam mit Ihren Liebesten schon zu Lebzeiten darüber.

  • Trauer drückt sich vielfältig aus: Neben Ritualen und Traditionen drückt auch Kleidung, Körpersprache oder bestimmte Verhaltensweisen Trauer aus. Auch dies hängt stark von der jeweiligen kulturellen als auch persönlichen Prägung ab. Bei uns ist es beispielsweise die Farbe schwarz, die Trauer ausdrücken soll und in Japan die Farbe weiß. Auf Bali wiederum tragen die Trauernden bunte Gewänder.
  • Multikulturelle Familien: In multikulturellen Familien können unterschiedliche Trauerkulturen aufeinandertreffen, was zu Konflikten und Missverständnissen führen kann, wenn es darum geht, den Verlust gemeinsam zu bewältigen. Sprachbarrieren und kulturelle Unterschiede können es erschweren, offen über Trauer und Gefühle zu sprechen, was zu Isolation und einem Gefühl der Überforderung führen kann. Der Druck, sowohl die eigenen als auch die kulturellen Erwartungen der Familie zu erfüllen, kann Trauernde in multikulturellen Familien zusätzlich belasten und die Trauerbewältigung erschweren. Was nicht bedeuten soll, dass es in nicht-multikulturellen Familien nicht auch zu Spannungen und Missverständnissen führt!
  • Veränderung kultureller Praktiken: Kulturelle Praktiken rund um den Tod und die Trauer können sich im Laufe der Zeit verändern, unter anderem durch den Einfluss von Globalisierung und Individualisierung. In vielen westlichen Gesellschaften hat sich die Trauerkultur in den letzten Jahrzehnten stark verändert. Traditionelle Trauerrituale werden oft kürzer und individueller gestaltet. Gleichzeitig nehmen alternative Formen der Trauerbewältigung wie Trauergruppen oder Gedenkfeiern im kleinen Kreis zu. Ganz unten finden Sie weiterführende Links zu diesem Thema.

Trauer und Persönlichkeit

Jeder Mensch trauert auf seine eigene Weise, unabhängig von kulturellen Vorgaben. Persönliche Erfahrungen, Charaktereigenschaften und der individuelle Umgang mit Verlust spielen eine große Rolle. Ebenso das soziale Umfeld und wie generell dem Thema Trauer, Tod und Sterben begegnet wird.

  • Persönliche Erfahrungen: Frühere Verluste, traumatische Erlebnisse oder Bindungsmuster beeinflussen maßgeblich die Art und Weise, wie wir trauern. Menschen mit unterschiedlichen Charaktereigenschaften trauern oft auch auf unterschiedliche Weise. Introvertierte Menschen können sich beispielsweise eher zurückziehen, während extrovertierte Menschen das Gespräch suchen. Jeder Mensch hat seine eigenen Strategien, um mit Verlust umzugehen. Einige Menschen suchen Ablenkung, während andere sich lieber zurückziehen und ihre Gefühle verarbeiten.
  • Soziales Umfeld: Das soziale Umfeld, in dem ein Mensch lebt, kann den Trauerprozess sowohl unterstützen als auch erschweren. Auch wenn kulturelle Rituale und Traditionen eine Rolle spielen, sind es letztendlich die persönlichen Erfahrungen, die den Trauerprozess prägen. Auch wenn wir uns in unserer Trauer verbunden fühlen mögen, so ist jeder von uns doch auf seinem eigenen Weg.
  • Tabubruch und Offenheit: Ein offener Umgang mit Tod und Trauer kann dazu beitragen, die Angst vor diesen Themen zu nehmen und ein unterstützendes Umfeld für Trauernde zu schaffen. Indem wir das Tabu brechen, ermöglichen wir es Menschen, über ihre Gefühle zu sprechen, ohne sich dafür schämen zu müssen. Indem wir offen über Trauer sprechen, tragen wir dazu bei, Trauer zu normalisieren und zu entmystifizieren.
  • Trauer bei Kindern und Jugendlichen: Kinder und Jugendliche trauern anders als Erwachsene. Sie können ihre Gefühle oft noch nicht so gut ausdrücken und benötigen besondere Unterstützung. Es ist wichtig, ihnen einen sicheren Raum zu geben, ihre Gefühle auszudrücken und ihnen zu zeigen, dass sie nicht allein sind.
  • Trauer nach einem Suizid: Der Verlust eines Menschen durch Suizid ist mit besonderen Herausforderungen verbunden. Schuldgefühle, Scham und soziale Isolation können die Trauer zusätzlich belasten. Es ist wichtig, sich professionelle Hilfe zu suchen, um diese schwierige Situation zu bewältigen.
  • Professionelle Unterstützung: Neben kulturellen und persönlichen Ressourcen kann professionelle Trauerbegleitung eine wertvolle Unterstützung sein.

Sprechen Sie darüber – wenn möglich schon zu Lebzeiten

Eine gute Vorbereitung auf den Tod ist ein Geschenk an unsere Lieben.

  • Vorbereitung auf den Verlust: Durch frühzeitige Gespräche können nicht nur praktische Aspekte wie Bestattungsformen oder der Verteilung von Besitztümern geklärt werden, sondern auch emotionale Bedürfnisse und Wünsche der Angehörigen berücksichtigt werden. Eine frühzeitige Vorbereitung kann Angehörigen helfen, mit dem Verlust besser umzugehen und Entscheidungen leichter zu treffen. Durch eine gute Vorbereitung kann ein würdiger Abschied ermöglicht werden, der den Wünschen des Verstorbenen entspricht. Das Wissen, dass die eigenen Wünsche berücksichtigt werden, kann die Lebensqualität in der letzten Lebensphase erhöhen.
  • Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung: Diese Dokumente ermöglichen es, Entscheidungen über die medizinische Behandlung und die eigene Versorgung im Falle einer Erkrankung oder am Lebensende zu treffen.
  • Bestattungsvorsorge: Die frühzeitige Planung einer Bestattung kann Angehörige entlasten und finanzielle Sicherheit bieten.
  • Abschiedsbriefe und Erinnerungsstücke: Das Hinterlassen von persönlichen Botschaften und Erinnerungsstücken kann für Angehörige eine wertvolle Unterstützung sein in deren Trauerprozess.
  • Interkulturelle Kommunikation: In gemischten Familien oder bei interkulturellen Beziehungen ist eine offene Kommunikation über unterschiedliche Trauerpraktiken besonders wichtig.
  • Grenzen der Kommunikation: Es ist wichtig zu respektieren, wenn jemand nicht über den Tod sprechen möchte. Zwang kann kontraproduktiv sein.

Professionelle Unterstützung

Wenn Sie das Gefühl haben, dass Sie die Trauer allein nicht bewältigen können, zögern Sie nicht, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Eine Trauerbegleitung kann Ihnen dabei helfen, Ihre Trauer zu verarbeiten und neue Perspektiven zu entwickeln.

Denken Sie daran, Sie sind nicht allein! Ich wünsche allen die gerade in Trauer sind viel Kraft und Unterstützung! Sie schaffen das!

Mit herzlichen Grüßen
Nadja Mack-Foraschik

Weiterführende Blogs zum Thema Trauer:


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Mein Name ist Nadja Mack-Foraschik. Als Psychosoziale Beraterin und Trauerbegleiterin unterstütze ich Sie in Ihrer Trauer oder bei Trennung. Vereinbaren Sie gleich jetzt einen Termin für ein Erstgespräch unter +43 677 640 092 42, per Mail an info@lebeundso.at oder über das Kontaktformular.

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Herzlichst Nadja Mack-Foraschik

Ihre Begleiterin bei Trennung und Trauer in Wien, Donaustadt (Kagran).