Trennung / Scheidung - wie unterstütze ich mein Kind?
Juni 18, 2021
In meinem heutigen Blog geht es darum, wie Sie als Eltern Ihre Kinder unterstützen können, wenn Sie sich gerade in einer Trennung befinden oder eine Trennung bevorsteht. Folgende Zeilen sollen Ihnen im besten Fall eine kleine Orientierung geben, in dieser für alle Beteiligten schwierigen Situation. Wenn ich von dem Kind oder den Kindern spreche, meine ich immer alle Ihre Kinder. Unabhängig von der Anzahl, ob es nun die gemeinsamen Kinder, Stiefkinder oder Adoptivkinder sind. Dass Kinder ein Recht auf beide Elternteile haben, ist in Österreich gesetzlich festgelegt. Leider werden nach wie vor viele Konflikte, die auf der Paarebene entstanden sind oder entstehen, auf der Elternebene ausgetragen. Zum Nachteil aller Beteiligten, vor allem aber der Kinder, die in der Regel ja aus Liebe entstanden sind.
Wenn Ihre Trennung noch nicht dem Kind mittgeteilt wurde, bedenken Sie bitte die Möglichkeit, dass sich beide Elternteile individuell eine Wortwahl überlegen und in weiterer Folge eine gemeinsame Formulierung finden. Dies ist natürlich nicht einfach in einer Phase, in der man sich oft streitet, negative Gefühle hat oder den anderen gar nicht sehen möchte, da es zu sehr schmerzt. Es wäre allerdings ein wichtiger Schritt für Ihr Kind, denn so können Sie ihm gleich von Anfang an vermitteln, dass beide Elternteile zu ihm stehen und sich "nur" die Art und Weise des Zusammenlebens verändern wird, beide Eltern aber weiterhin ein Teil im Leben des Kindes sein werden. Dass dies oft ein enormer Kraftaufwand ist, steht außer Frage. Bereiten Sie dieses Gespräch gut vor und nehmen Sie sich Zeit dafür. Sie können sich für diesen Ausnahmezustand auch externe Unterstützung holen, die Ihnen dabei helfen kann, die Eltern- und die Paarebene zu trennen.
Eine Stütze könnte auch sein, sich immer folgendes ins Gedächtnis zu rufen:
Es geht um unser Kind!
- Unser Kind trägt keine Schuld an unserer Trennung!
- Wir sind kein Paar mehr, aber Eltern sind und bleiben wir für immer!
- Nicht nur ich / wir haben einen Verlust erlitten - auch unser Kind trauert!
- Was ist die zweitbeste Lösung für unser Kind? (Für die meisten Kinder ist die beste Lösung, dass die Eltern zusammenbleiben. Dies geht aber nicht, also muss eine Alternative her - zum Wohle des Kindes und auch zu Ihrem Wohl!)
- Wie könnte der neue Familienalltag unseres Kindes gestaltet werden? Was ist für uns beide machbar und vorstellbar? Seien Sie kreativ. Für Ihr Kind.
- Ihr Kind vereint BEIDE Elternteile in sich! Wer den Partner abwertet, wertet auch einen Teil des Kindes ab.
- Ein Kind darf nicht dazu gedrängt werden Entscheidungen zu treffen! Entscheidungen treffen die Eltern und diese sollen auch dazu stehen!
In meiner Praxis erlebe ich oft, dass es den Eltern schwerfällt, die Ihrer Meinung nach richtigen Worte zu finden, um es dem Kind zu erklären. Kinder benötigen die Möglichkeit über Ihre Gefühle zu sprechen, dies können Sie beide anleiten und forcieren. Gerade bei Kindern die augenscheinlich keinerlei Reaktionen zeigen. Nachfolgendes (nicht vollständig) unterstützt Kinder bei der Verarbeitung der Trennung. Es dient bitte nicht dazu sich selbst noch mehr Druck zu machen und sich als Eltern schuldig zu fühlen! Das hilft weder Ihnen noch Ihrem Kind!
Mit seinen eigenen Emotionen ehrlich sein!
Wenn man z.B. weinen muss und die Kinder dies sehen, vermittelt man ihnen, dass es in Ordnung ist, traurig zu sein. Altersgerechte Erklärungen helfen und tragen zur gesunden Entwicklung bei! Mit den Kindern drüber sprechen, wie geht es einem selbst geht. Zum Beispiel: "Jetzt war ich vierzehn Tage nicht gut drauf, war traurig und konnte nicht arbeiten, aber jetzt geht's mir wieder besser. So muss man nicht fragen "fühlst du dich einsam", sondern die Kinder beginnen von allein zu erzählen. Dadurch lernen Kinder auch, wie man mit Trauer, Schmerz und Verlust umgeht. Man vermittelt somit nicht die falsche Botschaft - "Es darf nicht weh tun!"
Wichtig zu wissen ist, dass Kinder nicht wie Erwachsene trauern. Zwei bis sechs Minuten wird z. B. gespielt - dann trauern sie wieder - schlafen - gehen auf die Toilette - trauern wieder usw. Kinder sind nicht über Wochen depressiven Verstimmungen ausgesetzt, wie unter Umständen Erwachsene. Auch bei Kindern gilt: Die psychische Verarbeitung dauert und braucht seine Zeit! Jeder Elternteil sollte dem Kind vermitteln, dass es mit einem darüber immer sprechen kann.
Laut Jesper Juul, einen anerkannten Familientherapeuten aus Dänemark, werden Kinder durch eine Trennung der wichtigsten Bezugspersonen sehr einsam. Wir können mit den Kindern zwar sehr viel Zeit verbringen damit sie die Einsamkeit nicht so spüren, aber sie sind und bleiben trotzdem einsam. Die Sicherheit ist nicht mehr vorhanden - sie fühlen sich hilflos! "Niemand will was ich will! (Die Eltern sind zusammen und haben sich lieb.)"
Wichtig ist, dass man mit dieser Einsamkeit sehr respektvoll umgeht! Man kann seinem Kind diese Einsamkeit nicht wegnehmen oder ihm / ihr abnehmen. Das geht nicht! Man kann diese Einsamkeit mit seinen Kindern nur teilen und mit ihnen darüber sprechen! Mehr Möglichkeiten gibt es nicht!
Kinder nicht in Loyalitätskonflikte verwickeln!
Sie lieben beide Eltern! Daher sollte ihnen immer wieder verbal mitgeteilt werden, dass sie keine Schuld an der Trennung haben und sie auch nicht zwischen den Eltern vermitteln können. Wichtig ist auch, die Kinder nicht in die Rolle eines "Partnerersatzes" oder eines "Therapeuten" zu drängen! (Beispielsweise, das Kind nimmt den Platz des ausgezogenen Elternteiles im Ehebett ein; finanzielle oder andere Probleme werden mit dem Kind besprochen, usw.) Ebenfalls sind Kinder keine geeigneten Nachrichtenübermittler. Die Kommunikation der getrennten Eltern sollte niemals über die Kinder ausgetragen werden!
Möglichst konfliktfreie Kontakte! Es genügt, wenn die Eltern quasi "geschäftsmäßig" miteinander umgehen. Höflichkeit und Respekt sollten aber immer im Vordergrund stehen! Gelingt dies nicht, ist es besser keinen direkten Kontakt zu pflegen. Für das Kind ist aber eine Information beispielsweise: "Deine Eltern schaffen es nicht normal miteinander zu sprechen, aber wir haben dich beide lieb und es ist nicht deine Schuld. Wir Erwachsenen schaffen es momentan leider einfach nicht besser." von größter Bedeutung! Ein gangbarer Weg könnte in diesem Fall eine neutrale Dritte Person sein, die man mit ins Boot holt oder der Übergabeort ist der Kindergarten oder die Schule.
Informationen verleihen Sicherheit und Stabilität
Ehrlichkeit und Offenheit ist wichtig. Bei jüngeren Kindern beantworten Sie einfach die Fragen, die die Kinder stellen. Nicht mehr und nicht weniger. Mit Ehrlichkeit und Offenheit meine ich alles rund um die zukünftige Wohnungssituation, Betreuungsregelungen, usw. Kinder haben auch ein Recht auf Mitsprache, dabei ist jedoch zu beachten die Verantwortung nicht auf das Kind zu übertragen! Es geht je nach Alter um das Einholen der Meinung und nicht um die Entscheidung! Diese treffen im besten Fall Sie, im schlimmsten Fall das Gericht. Es erklärt sich von selbst, dass ich mit Ehrlichkeit und Offenheit keine Beziehungsdetails, Trennungsgründe und dergleichen meine. Das hat in der Eltern-Kind-Beziehung nichts zu suchen!
Ehrlichkeit kann aber auch bedeuten zu erklären, dass man noch nicht genau weiß, wie sich alles lösen lassen wird. Jedoch beide Elternteile so lange danach suchen, bis eine für alle Parteien gute Lösung gefunden ist.
Die Betreuungsregeln sollen möglichst stabil, vertrauensvoll und zuverlässig sein und dem Kind immer wieder verbal (am besten von beiden Eltern) vermittelt werden.
Sätze, die jedes Kind in einer Trennungssituation von beiden Elternteilen hören sollte:
- "Wir haben dich lieb! Wir beide!"
- "Du trägst keine Schuld an unserer Trennung!"
- "Du bist nicht allein - es gibt viele andere Kinder in einer ähnlichen Situation."
- "Du kannst mit uns über alles sprechen!"
Sonstiges, dass Kinder unterstützt. Der Erhalt der Beziehungen zu den Großeltern ist von großer Bedeutung und "trennungsprägend"! Diese sind sozusagen der "trennungsfreie" Raum und es gibt Platz für die eigenen, kindlichen und unbeschwerten Bedürfnisse. Die räumliche und die weitere soziale Umgebung des Kindes sollten sich so wenig wie möglich ändern.
Akzeptanz ist ein weiterer wichtiger Punkt! Kinder haben nach der Trennung (im besten Fall) sozusagen "zwei Zuhause". Es ist unmöglich in zwei Haushalten ein und dieselben Regeln zu haben! Im besten Fall schaffen Sie es sich zu einigen, welche Werte Sie ihrem Kind vermitteln möchten. Festgelegte Regelungen sind natürlich je nach Alter an die Bedürfnisse der Kinder anzupassen.
Eine nicht zu vernachlässigende Erkenntnis der Scheidungsfolgenforschung ist außerdem folgende: Kinder leiden, wenn es den Eltern schlecht geht. Aus diesem Grund sollten sich Eltern auch um ihr eigenes Wohlbefinden kümmern und Strategien für die Verarbeitung einer Trennung entwickeln.
Im nächsten Blog geht es daher um Sie als Eltern - was Sie in dieser schweren Zeit unterstützen könnte. Was können Sie selbst dazu beitragen?
Ich wünsche Ihnen und Ihrer Familie alles Gute! Sie schaffen das!!
Herzlichst
Nadja Mack-Foraschik
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