Sexuelle Lust und Unlust – verstehen, was dahinter steckt

Juli 3, 2025

Sexualität, Lust und Unlust in Beziehungen

Sexualität ist ein zentraler Aspekt vieler – aber nicht aller – Beziehungen. Sie kann Ausdruck von Nähe, Intimität, Lebendigkeit und Identität sein. In Partnerschaften kann sie Verbundenheit fördern oder auch eine Quelle von Unsicherheit und Spannungen sein. Besonders im Lauf einer langen Beziehung verändert sich die Sexualität häufig – das ist weder gut noch schlecht, sondern ein Zeichen von Entwicklung. Manche Menschen erleben über Jahre hinweg eine lebendige, körperliche Verbindung, andere verlieren das Interesse an sexuellen Kontakten oder erleben starke Unterschiede im Verlangen innerhalb der Beziehung.

Sexuelle Lust und Unlust in Beziehungen sind keine festen Eigenschaften, sondern bewegliche Prozesse. Sie sind von vielen Faktoren abhängig: körperlich, emotional, beziehungsspezifisch – und sind vor allem auch gesellschaftlich geprägt. Jeder Mensch bringt eine individuelle sexuelle Energie mit: manche spüren viel Verlangen, andere wenig oder gar keines – auch das ist Teil der Vielfalt menschlicher Sexualität.

Was ist sexuelle Lust und sexuelle Unlust?

Wenn wir über Lust und Unlust sprechen, ist es hilfreich, sich zuerst anzuschauen, was wir damit eigentlich meinen. Lust ist ein vielschichtiger Begriff, der je nach Kontext unterschiedliche Bedeutungen haben kann. Allgemein bezeichnet Lust ein starkes, angenehmes Verlangen nach etwas oder das Erleben von Genuss und Freude. In diesem Blog konzentriere ich mich nur auf die Lust im Kontext der Sexualität.

Sexuelle Bedeutung: Im engeren Sinn bezeichnet Lust das sexuelle Verlangen oder die sexuelle Erregung. Sie ist hier ein körperlich und emotional motiviertes Begehren nach sexueller Befriedigung. Lust ist also ein lebendiges Gefühl – eine Energie, die sich als körperliches Verlangen zeigen kann, aber nicht muss. Sie kann durch Gedanken, Nähe, Fantasie oder Berührung entstehen. Manche Menschen spüren sie häufig und intensiv, andere seltener oder gar nicht. All das ist gleichwertig.

Sexuelle Unlust beschreibt das fehlende oder geringe sexuelle Verlangen. Im sexuellen Kontext kann das bedeuten, dass eine Person wenig bis gar kein Interesse an sexueller Aktivität oder Intimität verspürt. Dies kann situativ, vorübergehend oder dauerhaft sein.

Nicht jede Form sexueller Unlust ist ein Anzeichen für eine Störung oder ein Problem. Es gibt Menschen, die von Natur aus wenig oder kein sexuelles Verlangen verspüren, ohne dass sie darunter leiden – das ist nicht krankhaft, sondern eine normale Variante menschlicher Sexualität. Beispielsweise empfinden asexuelle Menschen dauerhaft kein oder nur sehr geringes sexuelles Verlangen. Sie können dennoch romantische Beziehungen eingehen, Nähe und Intimität schätzen – oder auch nicht. Für sie ist Unlust kein Mangel, sondern ein Teil ihrer Identität.

Unlust ist kein Mangel, sondern eine Form des Erlebens

Sexuelle Unlust kann sowohl ein normales Spektrum menschlicher Sexualität sein als auch Ausdruck einer individuellen oder partnerschaftlichen Belastung – entscheidend ist die persönliche Bewertung. Sexuelle Unlust ist nur dann beratungswürdig, wenn sie von der betroffenen Person selbst oder in ihrer Partnerschaft als belastend empfunden wird.

Unlust ist kein Mangel, sondern eine Form des Erlebens, die Hinweise geben kann: auf Überforderung, emotionale Distanz, inneren Stress oder ein Bedürfnis nach Eigenraum. Sie ist nicht falsch – sie ist bedeutsam.

Biologische, psychische und soziale Einflussfaktoren der Sexualität

Sexualität ist ein vielschichtiges Zusammenspiel von Körper, Psyche, Beziehung und Gesellschaft. Das Konzept des sogenannten biopsychosozialen Modells geht auf den amerikanischen Internisten und Psychiater George L. Engel zurück und beschreibt, dass sexuelle Lust von unterschiedlichen Faktoren beeinflusst wird. 

  • Biologischen Faktoren: z. B. Hormone, Medikamente, Krankheiten, Alterungsprozesse
  • Psychischen Faktoren: Selbstbild, frühere Erfahrungen, Scham, Traumata
  • Sozialen Faktoren: Beziehungsmuster, Rollenerwartungen, kulturelle Normen

Bei Frauen kann der sinkende Östrogenspiegel in den Wechseljahren zu körperlichen Veränderungen führen, etwa zu einem sogenannten Hormonbauch, zu trockene Vagina oder zu einem veränderten Lustempfinden. Bei Männern sinkt im Alter oft der Testosteronspiegel, was sich auf Libido, Erektionsfähigkeit und Muskelmasse auswirken kann. Auch sie nehmen häufig an Bauchumfang zu. Zusätzlich beeinflussen Medikamente (z. B. Antidepressiva, Blutdruckmittel) sowie chronische Krankheiten wie Diabetes oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen die sexuelle Funktion und das Körpergefühl.

In meiner Praxis habe ich die Erfahrung gemacht, dass es hilfreich ist, diesen Aspekt offen anzusprechen, um Scham oder Rückzug entgegenzuwirken. Die Frage ist nicht, wie man „früher“ war, sondern wie man sich jetzt begegnen kann – mit Würde, Lust und gegenseitiger Achtung. Gerne unterstützte ich Sie dabei im Einzelsetting oder als Paar.

Veränderter Körper- und Selbstblick in Beziehungen: Wie Attraktivität und Sexualität sich wandeln

Diese Veränderungen führen manchmal dazu, dass sich Partner*innen nicht mehr so attraktiv füreinander fühlen. Der Blick auf den Körper – den eigenen und den des anderen – verändert sich, besonders wenn alte Vorstellungen von Schönheit und Begehren nicht mehr passen.

In der Beratung ist es hilfreich, diesen Aspekt offen anzusprechen, um Scham oder Rückzug entgegenzuwirken. Die Frage ist nicht, wie man „früher“ war, sondern wie man sich jetzt begegnen kann – mit Würde, Lust und gegenseitiger Achtung. Gerne unterstützte ich Sie im Einzelsetting oder als Paar dabei.

Wichtig: Es gibt keine festgelegte „normale“ Sexualität. Es gibt Menschen, die sexuell sehr aktiv sind, andere, die sich kaum oder gar nicht für Sexualität interessieren (asexuell), und solche, die in zwanghafte Muster geraten können. Jede Form des Erlebens verdient Anerkennung, sofern sie einvernehmlich und selbstbestimmt ist.

Unser größtes Sexualorgan ist der Kopf

Auch unsere Psyche spielt eine zentrale Rolle im Erleben von Lust und Sexualität. Viele Menschen tragen bewusste oder unbewusste Erfahrungen mit sich, die ihre sexuelle Offenheit, ihr Begehren oder ihre Scham beeinflussen.

Ein kritisches Selbstbild, geprägt durch gesellschaftliche Schönheitsideale, frühere Zurückweisungen oder verletzende Kommentare, kann dazu führen, dass man sich im eigenen Körper nicht begehrenswert fühlt. Besonders in längeren Beziehungen, wenn sich der Körper verändert oder Intimität selbstverständlich wird, können alte Unsicherheiten wieder auftauchen.

Frühere Erfahrungen, etwa mit Sexualität in der Herkunftsfamilie, durch Erziehung, Religion oder erste Partnerschaften, prägen stark, was Menschen für „erlaubt“ oder „normal“ halten. Auch sexuelle Grenzverletzungen oder Traumata – egal wie weit zurückliegend – können tief auf das Lustempfinden wirken, oft ohne, dass dies sofort bewusst ist. 

Viele Menschen empfinden auch Scham, wenn sie über Sexualität sprechen sollen – selbst in langjährigen Beziehungen. Gefühle wie „Ich bin nicht gut genug“, „Ich mache etwas falsch“ oder „Ich bin zu viel / zu wenig“ können den sexuellen Ausdruck hemmen.

In meiner Beratung lege ich Wert darauf solchen psychischen Hintergründen mit Respekt, Offenheit und dem jeweiligen Tempo zu begegnen. Es geht nicht um ein „Funktionieren“, sondern darum, innere Räume für Sicherheit, Annahme und neue Erfahrungen zu öffnen.

Wie Beziehungsmuster und Rollenbilder unsere sexuelle Lust beeinflussen

Lust und Sexualität entwickeln sich nicht nur im Körper oder in der Psyche – auch das soziale Umfeld hat großen Einfluss darauf, wie Menschen Sexualität erleben. Beziehungsmuster, die sich über Jahre eingeschliffen haben, können Intimität fördern oder hemmen. Wenn Nähe nur noch über Alltagsorganisation oder Elternschaft gelebt wird, bleibt für sinnliche Begegnung oft wenig Raum.

Auch Rollenerwartungen, wie Männer oder Frauen (oder andere Geschlechter) in Beziehungen „zu sein haben“, wirken mit. Frauen gelten oft als die „Verführerischen“, die aber bitte nicht zu viel wollen; Männer als „Immer-Bereite“, die aber keine Schwäche zeigen dürfen. Diese alten Bilder können unbewusst Druck erzeugen – und damit Lust blockieren.

Oder der Mythos, Männer „dürfen“ oft mehr Lust zeigen, während Frauen eher für emotionale Nähe zuständig gesehen werden. Diese Rollenbilder wirken bis heute – auch in gleichgeschlechtlichen oder queeren Beziehungen, wo andere Normen greifen, aber ähnliche Unsicherheiten bestehen.

Zwischen Norm und Wirklichkeit: Wie gesellschaftliche Bilder unsere Sexualität beeinflussen

Unsere Gesellschaft sendet viele widersprüchliche Botschaften über Sexualität. Einerseits wird Lust überall gezeigt: in Werbung, Filmen, sozialen Medien. Andererseits wird wenig offen darüber gesprochen, was Menschen tatsächlich erleben. Wer wenig Lust verspürt wird schnell als „gestört“ oder „nicht funktionierend“ wahrgenommen – und wer viel Lust hat, gilt vielleicht als „triebgesteuert“.

Die Vorstellung, dass ein erfülltes Liebesleben regelmäßigen Sex beinhalten muss, verstärkt dieses Spannungsfeld. Dabei wird häufig übersehen, wie vielfältig menschliche Bedürfnisse sind. Was als „normal“ gilt, ist meist ein Konstrukt – entscheidend ist, was sich für die Einzelperson oder das Paar stimmig und freiwillig anfühlt. Dabei gibt es kein richtig oder falsch. Jede sexuelle Ausrichtung – von asexuell bis sehr aktiv – ist Teil einer natürlichen Vielfalt.

In der Beratung kann es hilfreich sein, diese äußeren Einflüsse bewusst zu machen: Wo lebe ich ein Bild, das nicht (mehr) zu mir passt? Und was würde sich verändern, wenn wir unsere Beziehung und Sexualität nach unseren eigenen Maßstäben gestalten dürften?

Ein besseres Verständnis der Faktoren, die Lust und Unlust steuern, hilft, die eigene Sexualität bewusster zu erleben und aktiv zu gestalten.

Wenn Sie möchten, unterstütze ich Sie gerne dabei, die äußeren Einflüsse zu erkennen und Ihre Beziehung sowie Sexualität nach Ihren eigenen Maßstäben zu gestalten. Stellen Sie sich vor, wie viel Veränderung möglich wäre, wenn Sie Ihrer Beziehung und Sexualität Raum für Ihre ganz persönliche Entfaltung geben. Nehmen Sie gerne Kontakt mit mir auf, wenn Sie diesen Weg gehen möchten.

Warum sexuelle Lust in Beziehungen schwankt: Nähe, Distanz und der Einfluss des Alltags

In jeder Beziehung gibt es Zeiten, in denen sexuelle Lust leicht zugänglich ist – und andere, in denen sie in den Hintergrund tritt. Das kann viele Ursachen haben: äußere Umstände, emotionale Belastungen, hormonelle Veränderungen oder innere Spannungen. Besonders dann, wenn das sexuelle Verlangen in der Beziehung unterschiedlich stark ausgeprägt ist, entsteht oft ein Spannungsfeld. Der*Die eine möchte Nähe, der*die andere Rückzug – oder umgekehrt.

Nähe, Distanz und Begehren

Lust entsteht nicht im luftleeren Raum. Sie hängt stark mit Beziehungsmustern zusammen. Ein zentrales Thema ist dabei das Wechselspiel zwischen Nähe und Distanz. Am Anfang einer Beziehung ist oft alles aufregend: man kennt einander noch nicht ganz, der andere ist ein bisschen geheimnisvoll – genau das kann das Begehren anregen. Doch mit zunehmender Vertrautheit und Alltagsnähe verändert sich dieses Erleben.

Zu viel Nähe kann – paradoxerweise – Lust mindern. Wenn man sich in- und auswendig kennt, wenn alles berechenbar wird, kann die erotische Spannung verloren gehen. Der US-amerikanische Sexualtherapeut David Schnarch spricht hier von der Herausforderung, sich als eigenständiger Mensch in der Beziehung zu zeigen – mit eigenen Wünschen, Grenzen und Fantasien. Nur dann kann Begehren entstehen: nicht dort, wo völlige Verschmelzung herrscht, sondern wo auch Unterschiedlichkeit spürbar bleibt.

Der Alltag als Lustkiller

Manche Paare erleben sexuelle Unlust als äußeren Druck: Kinder, Job, Pflichten, Zeitmangel. Wenn Berührung, Gespräche oder Sinnlichkeit im Alltag keinen Raum haben oder der eigene Körper nicht mehr positiv wahrgenommen wird oder Krankheiten ein Thema sind, verschwindet oft auch das sexuelle Interesse. Wichtig ist, solche Phasen nicht zu pathologisieren. Unlust ist manchmal ein Ausdruck von Selbstfürsorge – aber sie kann auch ein Zeichen dafür sein, dass ein Paar sich verloren hat.

Emotionale Verbundenheit und Kommunikation

Lust ist eng verbunden mit emotionaler Nähe - für manche mehr als für andere. Wenn sich jemand nicht gesehen, gehört oder wertgeschätzt fühlt, wirkt sich das meist auch auf die Sexualität aus. Ebenso umgekehrt: Ein erfülltes Sexualleben kann das emotionale Band stärken. Die Art, wie Lust entsteht hat hier auch einen großen Einfluss. Doch viele Paare reden kaum oder gar nicht über ihre sexuellen Wünsche, Bedürfnisse, Ängste oder ihr Art der Lustentstehung. Scham, Unsicherheit oder auch der Wunsch, den anderen nicht zu verletzen, verhindern oft ein offenes Gespräch.

Ein liebevoller, ehrlicher Dialog kann hier viel verändern. Schon allein das Aussprechen von Unsicherheiten („Ich habe Angst, dass du mich nicht mehr begehrst“) kann Türen öffnen – wenn es achtsam geschieht. Denn hinter der Unlust steckt fast immer ein Bedürfnis: nach Ruhe, nach Freiheit, nach Selbstbestimmung, nach echter Begegnung, etc.

Glaubenssätze über Sexualität: Wie innere Überzeugungen Beziehungen beeinflussen und wie Beratung unterstützen kann

Glaubenssätze sind innere Überzeugungen und entstehen meist früh im Leben – wie schon erwähnt, spielen die gesellschaftlichen Normen, Rollenbilder und die eigene Familie sowie die Medien und die Kultur dabei eine zentrale Rolle. Sie wirken unbewusst weiter, wenn sie nicht reflektiert werden. In der Beratung geht es nicht darum, sie „wegzumachen“, sondern sie anzuschauen und neue, passendere Überzeugungen zu entwickeln.

In Gesprächen mit Paaren tauchen oft bestimmte Sätze auf. Sie sind tief verankert, wirken fast wie „Wahrheiten“. So wie auch in der Trauerberatung erlebe ich oft die typischen Mythen bei der Sexualberatung oder in Gesprächen im privaten Umfeld. Vorstellungen darüber, wie Sexualität „zu sein hat“ oder wie Mann und Frau so sind.

Gerade FLINTA*-Personen berichten häufig von einem Gefühl der „Entfremdung vom eigenen Begehren“. Die eigenen sexuellen Wünsche wurden nie erkundet oder standen nie im Vordergrund – statt Lust zu spüren, funktionierte man. Unlust ist hier kein Problem, sondern ein stilles Nein, das gehört werden will.

Beispiele, die in meiner Praxis oder in privaten Gesprächen immer wieder auftauchen:

  • „Nach 20 Jahren Beziehung ist es halt normal, dass man keinen Sex mehr hat.“
  • „Der Mann will immer – die Frau eher weniger.“
  • „Nur wer Sex hat, führt eine erfüllte Beziehung.“
  • „Wenn ich keinen Sex habe mit ihm*ihr geht er*sie fremd.“

Solche Sätze können Paare lähmen, sie haben alle etwas gemeinsam: Sie können Druck erzeugen, Schuldgefühle auslösen oder zum Rückzug führen. Gerade in längeren Beziehungen entstehen viele Missverständnisse aus einem unausgesprochenen Glaubenssatz.

Besonders, wenn das eigene Erleben nicht mit dem Bild übereinstimmt, setzen solche Sätze die jeweilige Person unter Druck. Wichtig ist deshalb, diese Vorstellungen bewusst zu machen und zu hinterfragen

Ein wichtiger Teil der Beratung kann sein, solche inneren Sätze zu identifizieren. Zum Beispiel, Sätze wie: „Ich muss Lust haben, sonst stimmt etwas nicht mit mir.“ oder „Mein Partner ist enttäuscht von mir, wenn ich keinen Sex will.“ „Ich bin nicht begehrenswert, wenn ich älter werde.“, ist auch ein oft gehörter Satz.

Was Unlust (unbewusst) verstärken kann

Unlust entsteht nicht nur durch das Fehlen von Lust, sondern kann durch bestimmte Konstellationen in Beziehungen regelrecht verstärkt oder aufrechterhalten werden. Dazu zählen:

  • Eine zu starke Nähe – ohne individuelle Freiräume
  • Tabuisierung von Sexualität oder Fantasien – auch innerhalb der Beziehung
  • Angst vor Ablehnung oder Verletzbarkeit, wenn sexuelle Wünsche geäußert würden
  • Einseitige Initiative: Wenn dauerhaft nur eine Person „möchte“ und die andere „vermeidet“, entsteht oft Druck – und dieser tötet Lust.

In der Beratung ist es hilfreich, nicht nur die individuellen Ursachen von Unlust zu betrachten, sondern auch die dynamische Beziehungsstruktur, die sie mit hervorbringt oder aufrechterhält.

Liebesstile und sexuelle Bedürfnisse: Unterschiede würdigen

Es ist mir wichtig, in jeder Paarberatung oder Sexualberatung die Unterschiede zwischen Menschen wertzuschätzen. Nicht alle möchten Sex. Nicht alle brauchen Berührung. Manche leben erfüllte Beziehungen ohne körperliche Nähe, andere leiden darunter, wenn Sexualität in der Beziehung nicht mehr vorkommt. Der Maßstab darf nicht sein, wie „normal“ etwas ist, sondern ob es für die Beteiligten stimmig, freiwillig und liebevoll ist.

Ein weiterer hilfreicher Zugang, um unterschiedliche Vorstellungen von Liebe und Sexualität besser zu verstehen, ist die Theorie der Liebesstile nach dem kanadischen Soziologen John Alan Lee. Sie zeigt auf, dass Menschen sehr unterschiedliche Formen des Liebens leben – und damit oft auch ganz unterschiedliche Bedürfnisse in Beziehungen und in der Sexualität mitbringen. Konflikte in Beziehungen entstehen oft auch deshalb, weil unterschiedliche Liebesstile aufeinandertreffen – etwa, wenn jemand sich nach leidenschaftlicher Sexualität sehnt, während für die andere Person Sexualität kaum eine Rolle spielt. Beides ist in Ordnung – es braucht nur ein gemeinsames Verstehen.

Unlust ist kein Problem, das beseitigt werden muss

Lust ist keine Konstante, sondern ein Prozess, der sich im Laufe der Zeit verändert – sowohl in der Beziehung als auch auf individueller Ebene. Die Unlust wird oft als „Problem“ wahrgenommen. Sie zeigt uns auf, welche Bedürfnisse vielleicht unerkannt bleiben oder in den Hintergrund treten. Unlust ist somit eine Einladung, sich immer wieder neu aufeinander einzulassen, die eigenen Wünsche und Grenzen zu erkennen und gemeinsam Raum für Nähe und Sexualität zu schaffen, der sich kontinuierlich wandeln darf. Die Herausforderung besteht darin, sich nicht von festgefahrenen Vorstellungen leiten zu lassen, sondern die Lust als Teil des gesamten Beziehungsprozesses zu verstehen.

Als Sexualberaterin sehe ich meine Rolle vor allem als Impulsgeberin und Raumhalterin. Ich möchte Ihnen als Einzelperson oder als Paar dabei helfen, ihre eigenen Muster zu erkennen, ihre Wünsche zu artikulieren und neue Perspektiven zu entwickeln. Mein Ziel ist es nicht, „Lösungen“ zu liefern, sondern Werkzeuge und Perspektiven an die Hand zu geben, die Ihnen helfen, ihre Beziehung zu gestalten – mit Lust, aber auch mit Verständnis und Geduld für die Phasen der Unlust. Leben bedeutet Veränderung, auch im sensiblen und oft sehr schambehafteten Bereich der Sexualität.

Praktische Tipps für mehr Lust und Intimität im Alltag und Umgang mit Unlust

Am Ende eines jeden Tages zählt, sich in seiner eigenen Sexualität wohlzufühlen. Hier sind einige Tipps, die helfen können:

  • Sprecht über Sexualität – nicht nur über Sex. Redet nicht nur ob, sondern wie ihr euch verbunden fühlt. Was macht Lust möglich? Was erschwert sie? Offenheit beginnt nicht im Bett, sondern im Alltag.
  • Offene und erhliche Kommunikation: Sprecht ehrlich aber wertschätzend über Wünsche, Bedürfnisse und Grenzen. Das stärkt Vertrauen und Intimität.
  • Gemeinsame Zeit schaffen: Plant bewusste Momente der Nähe ein, um den Alltag zu entschleunigen und Raum für Zweisamkeit zu schaffen.
  • Neugier bewahren: Erkundet gemeinsam neue Wege der Sinnlichkeit und experimentiert spielerisch mit euren Vorlieben.
  • Selbstfürsorge: Achte auf deinen Körper und deine Gefühle, nimm dir Zeit für Entspannung und Stressabbau.
  • Nimm Unlust ernst – aber nicht persönlich. Unlust bedeutet nicht, dass du „defekt“ bist. Sie ist ein Signal deines Körpers oder deiner Psyche, dass etwas Aufmerksamkeit braucht.
  • Ein Nein darf sein. Nur wo ein Nein möglich ist, ist ein echtes Ja bedeutungsvoll. Erlaub dir und deinem Gegenüber, aus der sexuellen Verfügbarkeit auszusteigen – um echte Zustimmung zu ermöglichen, Stichwort: konsensualer oder einvernehmlicher Sex
  • Grenzen wahren. Nicht jeder*r redet gerne über Sexualität. Für manche Menschen ist es schwierig oder fast unmöglich. Man darf sich wünschen, dass sich jemand aus seiner*ihrer Komfortzone traut, erzwingen sollte man es jedoch nie.
  • Hol dir Unterstützung. Sexualität ist komplex. Beratung kann helfen, Muster zu verstehen, neue Perspektiven zu entwickeln und wieder in Kontakt mit dem eigenen Erleben zu kommen. Bei anhaltender Unlust oder Konflikten kann eine Paarberatung /  Paartherapie oder Sexualberatung / Sexualtherapie sinnvoll sein.

Fazit: Mit Wissen und Offenheit zu mehr Lust im Leben

Sexualität ist vielfältig und dynamisch. Die Kenntnis der eigenen Liebesstile sowie der Faktoren, die Unlust fördern, ist ein wertvoller Schritt hin zu mehr Zufriedenheit. Mit Offenheit, Geduld und manchmal auch professioneller Hilfe können Paare und Einzelpersonen ihre sexuelle Lebensqualität verbessern und wieder mehr Freude an Intimität erleben. Wenn Sie Unterstützung suchen oder Ihre eigene Sexualität reflektieren oder ausbauen wollen, können Sie sich sehr gerne bei mir melden. Einfach jetzt gleich ein Erstgespräch vereinbaren.


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Häufig gestellte Fragen zum Thema Unlust und Lust (FAQ)

Was ist sexuelle Lust?

Sexuelle Lust beschreibt das Verlangen nach sexueller Nähe, Erregung und Befriedigung. Sie kann körperlich, emotional oder durch Fantasien entstehen – und ist bei jedem Menschen unterschiedlich ausgeprägt.

Was bedeutet sexuelle Unlust?

Sexuelle Unlust heißt, dass wenig bis kein Interesse an Sexualität besteht. Das kann vorübergehend, dauerhaft oder situationsbedingt sein – und ist nicht automatisch ein Problem, sondern Teil der Vielfalt menschlicher Sexualität.

Ist fehlende Lust eine Störung?

Nicht unbedingt. Unlust ist nur dann ein Thema für Beratung, wenn sie als belastend empfunden wird – von einer Person selbst oder innerhalb der Beziehung. Viele Menschen haben Phasen mit weniger Lust, ohne dass dies krankhaft ist, sondern das ist ganz normal.

Welche Ursachen kann sexuelle Unlust haben?

Ursachen sind vielfältig: hormonelle Veränderungen (z. B. in den Wechseljahren), Krankheiten oder Medikamente, psychische Faktoren wie Stress, Scham oder negative Glaubenssätze sowie Beziehungsmuster oder gesellschaftliche Erwartungen.

Was hilft bei Unterschieden im sexuellen Verlangen in der Beziehung?

Offene und wertschätzende Kommunikation ist entscheidend. Paare profitieren davon, über Bedürfnisse, Grenzen und Ängste zu sprechen. Manchmal kann auch eine Paarberatung oder Sexualberatung neue Perspektiven eröffnen.

Wie kann man Lust in einer langen Beziehung erhalten oder wiederfinden?

Neugier, gemeinsame Zeit, spielerisches Ausprobieren und gegenseitige Wertschätzung sind zentrale Faktoren. Lust entsteht oft dort, wo Nähe und Unterschiedlichkeit gleichzeitig spürbar sind.

Wann ist Sexualberatung sinnvoll?

Wenn sexuelle Lust oder Unlust als belastend erlebt wird, Gespräche schwerfallen oder Konflikte entstehen. Beratung bietet einen geschützten Raum, um Ursachen zu verstehen, Bedürfnisse zu klären und neue Wege der Intimität zu finden.